Es soll ja Menschen geben, die das Wort "Faszien" schon nicht mehr hören können. In jedem Fitnessstudio, das etwas auf sich hält, wird Faszientraining angeboten, und auch in Yogastudios kommt man ohne spezielles Faszien-Yoga kaum noch aus. Wer von Ihnen hat sich eigentlich noch keine Faszienrolle angeschafft, die für ein gesünderes Bindegewebe sorgen soll - auch wenn sie dann doch die meiste Zeit achtlos unter dem Bett oder in der Ecke liegt?
Aber mal ehrlich, wundert es Sie nicht auch, dass immer mehr Ärzte bei Beschwerden diagnostizieren: "Es könnte an Ihren Faszien liegen"? Das ist gut so! Denn es bedeutet, dass langsam aber sicher ein Umdenken auch in der Schulmedizin stattfindet.
Es gibt einige gute Gründe, warum der aktuelle Faszien-Hype sich nicht als Eintagsfliege entpuppen wird, wie so viele andere Hypes:
1. Wissenschaftler haben erst vor einigen Jahren damit begonnen, die wichtige Rolle der Faszien für unsere Gesundheit zu belegen. Das im Körper allgegenwärtige faserige Gewebe galt ja lange Zeit als reines "Verpackungsmaterial" für Muskeln und Organe. Untersuchungen zeigen jetzt jedoch eindeutig, dass Faszien weit wichtigere Funktionen haben und ein lebendiges, miteinander kommunizierendes Netzwerk sind. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Kraftübertragung, ja können sich sogar aktiv zusammenziehen. Sie sind mit ihren unzähligen sensorischen Rezeptoren für unsere Körperwahrnehmung zuständig. Sie können sogar Schmerzen signalisieren. Faszien können verkleben und verfilzen - zum Beispiel bei Bewegungsmangel, chronischem Stress und ungesunde Ernährung.
2. Im Sport und in der Trainingslehre stellen Faszien den bisherigen "missing link" dar. Zum einen betreffen Verletzungen von Sportlern meist die Faszien (Sehnen und Bänder zum Beispiel), zu anderen weiß man aufgrund der Faszienforschung nun, auf welche Weise man mit gezieltem Training die Faszien stärken kann, so dass sie zugfester und weniger verletzungsanfällig werden.
3. Die Faszien-Pioniere waren auf dem richtigen Weg. Die therapeutischen Ansätze von Andrew Taylor Stills und Ida Rolf werden durch die Faszienforschung zunehmend bestätigt. Die Begründer der Osteopathie und der Rolfing-Methode hatten die große Bedeutung der Faszien schon früh erkannt. Heute sind die Behandlungserfolge, die Therapeuten seit Jahrzehnten immer wieder beobachten, wissenschaftlich immer besser nachvollziehbar und erklärbar.
Mit anderen Worten: Der aktuelle Hype ist sogar erst der Anfang. An den Faszien wird im Gesundheitswesen und im Sport in Zukunft kaum einer mehr vorbei kommen. Internationale Kongresse, auf denen Experten sich fachübergreifend austauschen, bringen immer neue spannende Erkenntnisse über unser faszinierendes 3D-Ganzkörpernetzwerk ans Licht.
Ich persönlich bin seit Jahren fasziniert von den Faszien. Klar, schließlich bin ich ja auch Rolferin. Ich hoffe, auch Sie kümmern sich inzwischen um die Gesundheit Ihrer Faszien!