Was für ein Titel. Der Künstler und Forscher George Catlin hat das Buch mit diesem Titel Mitte des 19. Jahrhunderts geschrieben. Catlin, ursprünglich Anwalt in Philadelphia, begann 1832 seine Erkundungen indigener Volksstämme in den Great Plains, bevor diese von westwärts strebenden europäischen Siedler in die Enge getrieben und dezimiert wurden.
Catlin lebte bei den Lakota-Sioux, besuchte die Pawnee, Omaha, Cheyenne, Crow, Mandan und andere. Catlin zeichnete hunderte Portraits und stellte bei seinen Beobachtungen fest, dass die Menschen durchweg gesund waren - und dass sie im Gegensatz zu den europäischen Einwanderern ausschließlich durch die Nase atmeten, selbst bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten.
Tatsächlich schrieben die Völker der Great Plains ihre Gesundheit und Lebenskraft dem "großen Geheimnis des Lebens" zu, der Nasenatmung. Mütter waren darauf bedacht, schon ihren Säuglingen immer wieder sanft die Lippen zu schließen, nach dem Stillen oder Essen und auch in der Nacht.
George Catlin befreite sich selbst von gesundheitlichen Problemen, indem er fortan konsequent durch die Nase atmete. Dazu klebte er sich den Mund nachts mit einem schmalen Klebeband zu.
Schon spannend, die Parallelen zu östlichen Kulturen, in denen ebenfalls die Atmung durch die Nase seit Jahrtausenden empfohlen wird und in speziellen Atemtechniken verfeinert. Wer mit Yoga Erfahrung hat, kennt Pranayama - die bewusste Regulierung des Atems zur Gesunderhaltung von Körper und Geist. Atem ist "Prana", Lebensenergie. Die Atmung fließt wie eine Welle durch den Körper und wieder hinaus in den Ozean.
Die Atmung zu befreien ist ein wichtiges Ziel beim Rolfing. Wir arbeiten daran, den Brustkorb flexibler zu machen, das Zwerchfell auszubalancieren und einiges mehr. Um sowohl die Einatmung als auch die Ausatmung in den natürlichen Fluss zu bringen. Um dabei zu helfen, dass sich die Atembewegung durch den Körper fortsetzen kann und dabei die Aufrichtung und Ausrichtung des Körpers in der Schwerkraft fördert.
Warum den Mund halten?
Von der Natur ist unsere NASE zum ATMEN gemacht. Der MUND ist zum ESSEN da und beim Atmen für Notfälle und Ausnahmesituationen gedacht: wenn die Nase blockiert ist, wenn wir vor dem Säbelzahntiger wegrennen oder bei hoch-intensivem Training.
Aber es ist zu beobachten: Auch ohne Säbelzahntiger ist regelmäßige Mundatmung heutzutage schätzungsweise bei knapp 20 Prozent der Menschen die Regel. Das kann zu teils schweren gesundheitlichen Problemen beitragen, wie zahlreiche Studien und Experimente in den vergangenen Jahren gezeigt haben:
- Schlafstörungen, Schnarchen und Schlafapnoe
- Müdigkeit und Konzentrationsschwäche
- Bluthochdruck
- Gewichtszunahme und geringe Energie
- Depressive Verstimmung
- Asthma und Allergien
- Verformung des Gesichts
Auf der Hand liegt, dass die Luft durch den Mund im Gegensatz zur Nasenatmung weitgehend ungefiltert durch den Rachen in die Lunge gelangt. Unfreundliche Substanzen, Bakterien und andere Erreger haben so leichtes Spiel. Man denke an Erkältungserreger.
Wer häufig durch den Mund einatmet, begünstigt tatsächlich schon innerhalb kurzer Zeit eine Verformung seiner Gesichtsstruktur und eine Schwächung seiner Atemwege. Das haben Studien nicht nur an Affen, sondern auch bei Kindern gezeigt. Die Gesichter werden schmaler, auch die Kiefer treten zurück.
Durch den Mund eingeatmete Luft baut weniger Druck auf, wodurch das Gewebe im Rachenraum erschlafft. In der Nacht kommt es vermehrt zu Schnarchen und Schafapnoe - mit Folgen wie Blutdruckstörungen und Stimmungsschwankungen. Der Tiefschlaf ist gestört. Die Sauerstoffversorgung des Gehirns ebenso. Der Schlaf bringt kaum noch Erholung und Regeneration. Das ist ein zunehmendes gesundheitliches Problem heutzutage.
Hirnforscher bringen Mundatmung auch mit Konzentrationsschwierigkeit in Verbindung, und sogar mit ADHS.
Mundatmung führt zu einer höheren Atemfrequenz und aktiviert allgemein eher den Sympathikus - den Teil des autonomen Nervensystems, den wir anwerfen, wenn wir in Gefahr sind oder uns auf eine herausfordernde Situation vorbereiten. Dabei können sich unser Körper, unsere Organe und unser Geist nicht erholen, wir atmen eher kurz und flach nur in den oberen Teil der Lunge.
Die Lösung sitzt mitten im Gesicht
Die Atmung durch die Nase hat ausschließlich Vorteile. Kalte Luft wird aufgewämt, Atemluft gefiltert, bevor sie in die Lungen gelangt.
Nasenatmung ist am „effizientesten“. Sie stimuliert die Kontraktion des Zwerchfells und die unteren Bereiche der Lunge, wo sich besonders viele feine Blutgefäße (Kapillaren) befinden, werden gut mit frischer Luft versorgt.
Ein langer, tiefer Atemzug durch die Nase aktiviert zudem den Parasympathikus. Dieser Teil des autonomen Nervensystems ist für Entspannung, Verdauung und Regeneration verantwortlich. Völlig klar also, dass wir auch erholsamer schlafen, wenn wir durch die Nase atmen. Dass wir uns bewusst entspannen können in einer stressigen Situation, indem wir langsam und tief durch die Nase ein- und ausatmen. Diesen Wirkmechanismus sollten wir uns doch zunutze machen oder?
Sauerstoff, Stickoxid und Kohlendioxid
Die meisten Menschen denken, Sauerstoff sei das wichtigste bei der Atmung. Ein kleiner Ausflug in die Physiologie zeigt: So einfach ist das nicht.
Beim Einatmen durch die Nase bilden die Schleimhäute der Nebenhöhlen Stickoxid (NO), das dann in die Lungenflügel transportiert wird. Stickoxid vergrößert die Lungenbläschen. Das wiederum bewirkt, dass diese mehr Sauerstoff (O2) aufnehmen können als wenn wir durch den Mund atmen. Stickoxid wirkt außerdem antiviral und antimikrobiell. Damit hilft es dem Immunsystem bei der Abwehr von Erregern.
Völlig unterschätzt wird die wichtige Rolle von Kohlendioxid (CO2). Die meisten Menschen denken, dieses Gas sei ein reines Abfallprodukt des Körper. Weit gefehlt!
Sobald der Sauerstoff die Lungenbläschen passiert hat, wird er an das Hämoglobin im Blut angehängt. Dabei gehen die beiden eine enge Bindung ein. Um den Sauerstoff wieder vom Hämoglobin zu lösen und dem Gewebe (Muskel, Gehirn etc.) zur Verfügung zu stellen, ist Kohlendioxid unerlässlich.
Beispiel Muskeln: Sie brauchen Sauerstoff, um Energie zu erzeugen. Um den benötigten Sauerstoff vor Ort aus dem Hämoglobin zu lösen, muss genügend Kohlendioxid im Blut vorhanden sein. Sonst kann der Sauerstoff nur unzureichend übertragen werden.
Dazu kommt dann noch der PH-Wert ins Spiel, aber das wird jetzt zu kompliziert. Stichwort „Bohr-Effekt“, wenn Sie selbst recherchieren möchten.
Der Sauerstoff wird uns nicht ausgehen, er macht etwa 20 Prozent der Atmosphäre aus. Unser Körper benötigt etwa 6 % Sauerstoff und 6,8 % Kohlendioxid. Letzteres ist allerdings nur in einer Konzentration von etwa 0,04 Prozent in der Luft zu finden. Wir müssen es also vorwiegend selbst herstellen. Das tun wir beispielsweise durch Muskelaktivität.
Bei einer Atmung durch den Mund stoßen wir tatsächlich zu viel CO2 aus, weit mehr als bei der Nasenatmung. So können wir dann den Sauerstoff, den wir einatmen, nicht effizient nutzen. Wir verschwenden unseren Atem!
Sind Sie langsam überzeugt, dass wir alle durch die Nase atmen sollten?
Langsamer und effizienter
Die Atmung durch die Nase schränkt den Luftstrom im Vergleich zur Mundatmung um etwa 50 Prozent ein und sorgt dafür, dass ein günstiges Verhältnis zwischen Kohlendioxid und Sauerstoff erhalten bleibt. Studien mit Leistungssportlern haben ergeben:
Wer sich trainiert, durch die Nase zu atmen, kann die gleiche Intensität des Trainings mit etwa einem Drittel der Atemzüge pro Minute absolvieren und mit einer weit niedrigeren Herzfrequenz als Athleten, die durch den Mund atmen!
Öfter mal Luft anhalten
Wenn wir noch weiter gehen wollen, können wir unsere Kohlendioxid-Toleranz gezielt erhöhen.
Chemo-Rezeptoren in unserem Stammhirn senden bei einem bestimmten Kohlendioxid-Wert das Signal, jetzt sofort einzuatmen. Andernfalls kommt Panik auf. Diese Chemo-Rezeptoren können wir mit bewusster Atmung tatsächlich trainieren.
Alles, was wir dazu tun müssen: öfter mal die Luft anhalten. Dadurch verringert sich langsam aber sicher die Empfindlichkeit gegenüber Kohlendioxid, die Toleranz steigt. So ist es dem Körper möglich, mit höherer Intensität zu arbeiten, ohne schnell zu ermüden - weil der vorhandene Sauerstoff effizient genutzt werden kann.
Sie können das schon beim Spazierengehen ausprobieren. Atmen Sie zunächst ruhig durch die Nase ein und aus. Dann atmen Sie fast vollständig aus und halten den Atem solange an, wie es ohne Panik möglich ist - also ohne dabei zu übertreiben! Wenn es sich nicht mehr gut anfühlt, tief durch die Nase einatmen und die Atmung wieder normalisieren. Wenn Sie sich nach einer Weile bereit fühlen, das Ganze von vorne. Sie können die Übung fünf Minuten lang machen oder während des ganzen Spaziergangs. Es wird auf alle Fälle einen Effekt haben!
Wer schon etwas erprobter damit ist, kann diese Übung dann auch zum Beispiel beim Laufen/Joggen ausführen und so seine CO2-Toleranz erhöhen. Aber zunächst ist es sicher erstmal eine Herausforderung, beim Laufen nur durch die Nase und nicht durch den Mund zu atmen!
Einer der erfolgreichsten Langstreckenläufer des 20. Jahrhunderts, der Tscheche Emil Zatopek, wandte diese Methode mit großer Hingabe an. Man nennt das auch Hypoventilations-Training. 18 Weltrekorde, 4 Goldmedaillen.
Allein schon die konsequente Atmung durch die Nase, auch bei anstrengenden Tätigkeiten, steigert letztlich die Ausdauer. Das mag Anfangs schwer sein, zahlt sich aber aus. Weil wir effizienter atmen.
Durch die Nase summen
Wie bitte? Ja, das klingt doch albern, oder? Ist aber wirksam.
Atmen Sie einfach durch die Nase ein und summen beim Ausatmen durch die Nase eine Melodie. Dadurch wird nochmal mehr Stickoxid produziert, was wiederum die Sauerstoff-Aufnahme effizienter macht.
Tja, es gibt allerhand Tipps und Tricks, wie wir unsere Atmung zum Wohl unserer Gesundheit nutzen können.
Wenn Sie mit der einfachsten Gewohnheit anfangen möchten:
Atmen Sie ein und aus durch die Nase!
Ich bin in diesem Artikel nicht auf die vielen Yoga-Atemtechniken oder auf Wim Hof (die abgewandelte Tummo-Atmung) eingegangen. Das hätte den Rahmen gesprengt. Inspiriert zu diesem Beitrag haben mich ein Artikel im Journal des Dr. Ida Rolf Institute sowie das Buch „Breath“ von James Nestor. Ich selbst konzentriere mich jetzt jeden Tag auf die Nasenatmung und klebe mir tatsächlich oft in der Nacht einen schmalen Streifen Kinesiology-Tape über die Lippen, um zu verhindern, dass ich im Schlaf durch den Mund atme.